O P E N Berlin freut sich, die Ausstellung Delivery Hero eröffnen zu dürfen. Die Ausstellung umfasst Plastiken von Isa Melsheimer und Photographien von Oliver Mark. Die gezeigten Arbeiten thematisieren das Unterwegs- und das Dazwischensein, als Möglichkeit einer Perspektivänderung. Der Reisende als ferner Betrachter- und Vernetzer affirmativer Welten.
Blickdicht im Glasdickicht
Gibt es etwas zu sehen und zu bewahren, schlägt die Stunde der Vitrine. Der Glaskasten als Panic Room der Museologen, am liebsten Panzerglas, UV-Schutz und Vakuum. Konservierung wie im Marmeladenglas. Schutz vor Zerfall ist unbedingt löblich, doch erfahren Objekte ihren musealen, respektive gesellschaftlichen Wert meist durch Nutzungsspuren: abgewienerte Oberflächen, Scharrten, Verfärbungen, Verblichenes, Abgebrochenes. Der Zahn der Zeit nagte, und wir fühlen Verbundenheit mit der Vergangenheit. Er erst macht Geschichte für uns wirklich lebendig.
Zum anderen der Blick des Betrachters. Er tastet die Oberfläche prüfend ab, in der Vitrine aber schaut er auch hindurch, sieht den Raum dahinter, den Kontext der Jetztzeit. Das Glas spiegelt die Umgebung, den Betrachter, auch das Selbst, wenn wir hier kurz küchenpsychologisieren dürfen. Die Vitrine lädt zum visuellen Dialog. Ob der einspurig und mehrspurig verläuft, hängt am Betrachter.
Oliver Marks Fotografien und Isa Melsheimers Skulpturen interessieren dieser ständige Blickwechsel. Das Objekt der Begierde ist nicht in der Vitrine, es ist die Vitrine und ihre Überraschungen offenbarende Blickdichte. Dichte nicht im Sinne von Sichtschutz, sondern von erhöhtem Schauwert, der Häufung der möglichen Blickwinkel.
Sind es bei Mark unerwartete Bildausschnitte, die scheinbar willkürliche Darstellung von Teilen der Vitrine, auch anderen Sichtgrenzensetzer, wie Flugzeugflügel, Verpackungen, collagierte Hände, ist es bei Melsheimer die Paarung Beton und Glas. Beton als Sichtverhinderer, Glas als Blickermöglicher. Ihre Serie »Wardscherkasten (Lissabon)«, 2012 beispielsweise hinterfragt die Funktion der Vitrine auf eigene Weise: Glaskästen auf Betonsockeln, in denen Samen ein luftdicht abgeschottetes Eigenleben entwickeln, einzig gespeist aus Sonnenlicht, Erde und durch Kondensation entstehende Flüssigkeit. Hier ist nichts konserviert, hier lebt etwas, aber unter dem Blick des Betrachters. Ich sehe, also lebst du. Die In-Vitro-Vitrine des Kunstmarkts.
Oliver Mark und Isa Melsheimer gehen dem Guckkasten auf den Geist. Wer kommt und schaut, erlangt ihn vielleicht, den blickdichten Durchblick im Glasdickicht.
Till Schröder, Autor, Chefredakteur der Marginalien – Zeitschrift für Bibliophilie und Buchkunst
O P E N BERLIN
Prinzenallee 35, 13359 Berlin
A project space by
Amélie Esterházy
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